Von Peter Symonds über wsws.org
9. Juni 2015
Die USA und ihre Verbündeten haben ihre Kritik an China wegen seiner Landgewinnungsaktivitäten im Südchinesischen Meer fortgesetzt. Am letzten Wochenende forderte US-Verteidigungsminister Ashton Carter China anlässlich des Shangri-La-Dialogs in Singapur erneut auf, die Aktivitäten einzustellen. Die zunehmenden Spannungen könnten einen Zwischenfall auslösen, dessen Folgen zu einem offenen Konflikt führen.
In einer Rede bei einem Treffen der Initiative für Junge Südostasiatische Spitzenfunktionäre, die von den USA finanziert wird, warf Präsident Barack Obama China vor, es würde seine kleineren Nachbarstaaten unterdrücken und halte sich nicht an internationale Normen und Regeln. Er erklärte, einige von Chinas Ansprüchen seien zwar möglicherweise gerechtfertigt, aber „es sollten nicht versuchen, sie unter Zuhilfenahme der Ellenbogen und auf Kosten anderer durchzusetzen“.
In Wirklichkeit tragen die USA die Hauptverantwortung dafür, dass sich seit langem bestehende Streitigkeiten um Seegebiete zu gefährlichen Konfliktregionen entwickelt haben, aus denen ein Krieg entstehen kann. Unter dem Vorwand, die „Freiheit der Schifffahrt“ zu gewährleisten, stachelt die Obama-Regierung Chinas Nachbarstaaten - vor allem die Philippinen und Vietnam - auf, ihre Ansprüche entschlossener geltend zu machen. Gleichzeitig verstärkt die US-Regierung ihre Truppen in der Region und baut ihre Bündnisse und Partnerschaften in ganz Asien aus, unter anderem mit Japan, Australien und Indien.
Carter forderte in Singapur einen sofortigen Stopp der Landgewinnung im Südchinesischen Meer. Dies war der Auftakt für einen ganzen Chor von Verurteilungen. Der australische Premierminister Tony Abbott erklärte am Donnerstag an Chinas Adresse gerichtet, seine Regierung missbillige „jede einseitige Veränderung des Status quo“.
Abbott sprach von „erpresserischem oder einseitigem Vorgehen“, darunter „umfangreichen Landgewinnungsmaßnahmen“ und erklärte, ihn beunruhige besonders die „Möglichkeit, diese 'künstlichen Strukturen' militärisch zu nutzen“. Der Premierminister wiederholt damit Washingtons Linie und ignoriert die Tatsache, dass andere Staaten, die Gebiete beanspruchen - u.a. die Philippinen, Vietnam und Taiwan - auf einigen ihrer Inseln bereits beträchtliche Infrastruktur aufgebaut haben, teilweise auch militärisch nutzbare Flugfelder.
Letzte Woche erschien im Australian ein Leitartikel, laut dem die Abbott-Regierung - angespornt von den USA - eigene Maßnahmen im Südchinesischen Meer „in Erwägung zieht“. Laut dem Artikel plant sie, als Provokation ein Aufklärungsflugzeug in die zwölf-Meilen-Sicherheitszone eines oder mehrere von China kontrollierten Atolle eindringen zu lassen.
Der japanische Premierminister Shinzo Abe gab bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem philippinischen Präsidenten Benigno Aquino am Freitag eine identische Erklärung ab.
„Hinsichtlich des Südchinesischen Meeres haben wir bekräftigt, dass uns die umfangreichen Landgewinnungsaktivitäten dort beunruhigen, und dass wir einseitige Versuche, den Status quo zu ändern, ablehnen“
Aquino hatte sich Anfang letzter Woche noch aggressiver geäußert und China mit Nazi-Deutschland verglichen.
Abgesehen von den Wortgefechten werden auch militärische Vorbereitungen getroffen. Aquino erklärte sich bereit, mit Japan über ein Abkommen zu diskutieren, das japanischen Streitkräften ein Aufenthaltsrecht auf den Philippinen einräumt. Ähnliche Abkommen bestehen bereits mit den USA und Australien. Für die japanischen Streitkräfte wäre dies das erste Stationierungsabkommen in Südostasien seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, in dem Japan einen Großteil der Region besetzt hatte, unter anderem die Philippinen.
Abe und Aquino unterzeichneten am Donnerstag ein Abkommen über eine strategische Partnerschaft und vereinbarten Verhandlungen über den Verkauf von japanischem Kriegsgerät an die Philippinen, darunter Aufklärungsflugzeuge zur U-Bootabwehr vom Typ P-C3 und Radartechnologie. Japan hat der philippinischen Küstenwache bereits die Lieferung von zehn Patrouillienbooten zugesagt, und die beiden Länder verstärken ihre gemeinsamen Militärübungen und Operationen im Südchinesischen Meer.
Letztes Jahr hatte die Aquino-Regierung mit den USA ein Abkommen über erweiterte militärische Zusammenarbeit geschlossen, das dem amerikanischen Militär fast uneingeschränkten Zugang zu philippinischen Stützpunkten einräumt. Die Philippinen sind momentan mit dem Bau eines großen Marinestützpunkts bei Oyster Bay auf der Insel Palawan direkt am Südchinesischen Meer und den umstrittenen Spratly-Inseln beschäftigt. Laut dem Informationsdienst IHS Jane's, der weltweit militärische Aktivitäten dokumentiert, ist für die Anlage ein Hubschrauberlandeplatz, ein Ausbildungszentrum für amphibische Kriegsführung im Dschungel, eine Radarstation zur Küstenüberwachung und ein gemeinsames Operationszentrum für die Truppen von Verbündeten und Partner geplant. Die Bauzeit wird auf drei Jahre geschätzt.
Vietnam kündigte letzte Woche nach einem Besuch von US-Verteidigungsminister Carter provokant an, es biete seinen Bürgern eine Kreuzfahrt auf die Spratly-Inseln an, die in Vietnam als Truong Sa-Inseln bekannt sind. „Eine Reise nach Truong Sa [...] wird die große Reise Ihres Lebens sein. Sie wird den Nationalstolz und das Bewusstsein der Bürger für die heilige Hoheitsgewalt des Landes über seine Gewässer wiederbeleben“, hieß es im PR-Text. China erklärte daraufhin am Freitag, die Kreuzfahrt zu den umstrittenen Inseln stelle eine „Verletzung der Souveränität Chinas“ dar.
Wie Reuters am Freitag berichtete, verhandelt Vietnam mit europäischen und amerikanischen Rüstungsfirmen über den Kauf von Kampfjets, Aufklärungsflugzeugen und unbewaffneten Drohnen. Dabei geht es eindeutig hauptsächlich um die umstrittenen Gebiete im Südchinesischen Meer. Carl Thayer, ein Analyst der Australian Defence Force Academy, erklärte im Guardian:
„Vietnam braucht dringend moderne Seeaufklärungsflugzeuge, um seine riesigen Seegebiete überwachen zu können“
Die vietnamesischen und philippinischen Waffenkäufe sind Teil eines eskalierenden Wettrüstens in Asien, das von wachsenden geopolitischen Spannungen und vor allem durch den aggressiven, gegen China gerichteten „Pivot to Asia“ der Obama-Regierung geschürt wird. Laut IHS Jane's werden die jährlichen Verteidigungsausgaben aller Länder Südostasiens bis zum Jahr 2020 von derzeit 42 Milliarden Dollar auf über 52 Milliarden Dollar steigen. Die zehn Staaten des Verbandes Südostasiatischer Nationen (ASEAN) werden in den nächsten fünf Jahren voraussichtlich 58 Milliarden Dollar für neues Kriegsgerät ausgeben, wobei Anschaffungen für die Seestreitkräfte einen Großteil dieser Summe ausmachen.
Sean O' Connor wies in einem Blogeintrag auf der Webseite des amerikanischen Council of Foreign Relations mit dem Titel „Wie sich das drohende asiatisch-pazifische Wettrüsten entschärfen lässt“ darauf hin, in welchem Ausmaß die USA an den Waffenverkäufen beteiligt sind. Beispiele dafür sind Singapurs geplanter Kauf von F16-Kampfflugzeugen, der Verkauf von Raketen an Indonesien und Malaysia und Militärhilfe für die Philippinen, um ihnen den Kauf von Tarnfregatten, U-Bootabwehrhubschraubern und Schnellbooten mit Lenkraketen zu ermöglichen. Taiwan hat vor kurzem angekündigt, es werde seine Marineaufklärungsflugzeuge vom Typ P-3C Orion, die es von den USA erhalten hat, im Südchinesischen Meer einsetzen.
„Die amerikanischen Entscheidungsträger glauben offensichtlich, China lasse sich am besten von seinen Aggressionen im Südchinesischen Meer abbringen, wenn sie Waffen an die amerikanischen Verbündeten in der Region liefern“, erklärte O'Connor. „Allerdings muss Washington erkennen, dass Waffenverkäufe an das Ausland unbeabsichtigte Folgen nach sich ziehen. Wenn immer mehr Streitkräfte und Schiffe in umstrittenem Gebiet stationiert sind, könnte ein kleines Gefecht eine offene Krise auslösen.“
Die Warnung wird zweifellos auf taube Ohren stoßen. Der US-Imperialismus baut im ganzen indo-pazifischen Raum seine Streitkräfte auf und hat bereits mehrere Provokationen inszeniert. Sein Ziel ist es nicht, kleine Nationen vor Schikanen zu schützen oder die „Freiheit der Schifffahrt“ im Südchinesischen Meer zu gewährleisten. Er sucht die Konfrontation mit China, um das Land seinen Interessen in Asien und der Welt unterzuordnen, selbst wenn dies die Gefahr eines offenen Krieg herauf beschwört.
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