Westliche Journalisten behaupten, dass sie eine große Lektion aus ihrer Schlüsselrolle im Irak-Krieg gelernt hätten: dass es erbärmlicher, korrupter und oft gefährlicher Journalismus ist, wenn offizielle Regierungsvertreter bei der Verbreitung ihrer Propaganda anonym bleiben und dass diese anonymen Stimmen dann unkritisch als Wahrheit verkauft werden. Aber sie haben nichts daraus gelernt. US- und britische Medien arbeiten in ihrer „Berichterstattung“ weiterhin nach demselben Strickmuster. Besonders wenn es um die nationale Sicherheit geht. Und die Journalisten, die solche Berichte lesen, halten das von ungenannten, unbekannten Offiziellen Verlautbarte für die heilige Schrift. Egal wie zweifelhaft die Behauptungen oder die Äußerungen schlicht falsch sind.
Wir haben nun ein exzellentes Beispiel dieser Dynamik. Die Murdoch-Zeitung „Sunday Times“ veröffentlichte letzte Nacht auf der Titelseite ihren Leitartikel unter der Überschrift: „Britische Spione wurden an Russen und Chinesen verraten“. Gerade als die Berichterstattung der Mainstreammedien aufgrund einer wichtigen Gerichtsentscheidung und eines neuen Überwachungsgesetzes freundlicher über Snowden zu berichten begann, behauptet der Artikel (voller Artikel hinter einer Paywall, Volltext hier) bereits im ersten Absatz, dass die zwei Schurkenstaaten „die gestohlenen und geheimen Datensätze des flüchtigen US-Enthüllers Edward Snowden entschlüsselt hätten. Deswegen musste der MI6 operative Agenten aus feindlichen Ländern abziehen. Diese Berichte stützen sich auf gehobene Mitarbeiter Downing Streets, des Innenministeriums und der Geheimdienste.“ Weiter heißt es:
Westliche Geheimdienste sagen, dass sie zu Rettungsaktionen gezwungen waren nachdem Moskau Zugang zu den über eine Million Datensätzen des früheren NSA-Mitarbeiters erlangt hatte, der sich zu Vladimir Putin, dem russischen Präsidenten, flüchtete, nachdem er eines der größten Geheimdienstlecks der amerikanischen Geschichte verursacht hatte.
Hohe Regierungsquellen bestätigten, dass auch China die verschlüsselten Dokumente geknackt hätte, die Einzelheiten zu geheimen nachrichtendienstlichen Techniken und Informationen, die die Enttarnung britischer und amerikanischer Agenten ermöglichen könnten.
Ein Mitarbeiter des Innenministeriums beschuldigte Snowden, ‘Blut an den Händen zu haben’, obwohl Downing Street sagt, es gäbe ‘keinen Beweis, dass jemand zu Schaden gekommen sei’.
Über die ernsten, eines Widerrufs würdigen, Lügengeschichten hinaus, auf denen dieser Artikel beruht, ist der komplette Bericht ein selbst-negierender Witz. Er liest sich wie eine Parodie, die ich selbst schnell zusammengeschustert haben könnte, um das Grundübel des westlichen Journalismus zu illustrieren.
Wenn er sich nicht gerade ein extra blutiges Steak zubereitet hat, wie kann Snowden „Blut an seinen Händen haben“ wenn es keine Beweise dafür gibt, dass jemand zu Schaden gekommen ist? Ein Beobachter von gestern beschreibt gut, welche Instruktionen die Regierung den Journalisten der Sunday Times anscheinend gegeben hat: „Es gibt zwar keine Beweise, dass jemand zu Schaden gekommen ist, aber wir würden irgendwie gerne die Formulierung „Blut an den Händen“ in dem Artikel haben.“
Der ganze Artikel macht buchstäblich nichts anderes als anonyme britische Regierungsvertreter zu zitieren. Er lässt die banalen aber aufhetzerischen Anschuldigungen erklingen, die jeder Whistleblower von Daniel Ellsberg bis Bradley Manning zu hören bekam. Nicht der Hauch eines Beweises. Diese „Journalisten“, die ihn geschrieben haben, haben weder die offiziellen Verlautbarungen hinterfragt, noch eine Gegenstimme eingefangen. Das ist reine Stenografie der übelsten Sorte: „irgendein Offizieller flüstert diese aufhetzerischen Behauptungen und sagt uns, wir sollen das drucken und nicht verraten wer wir sind. Und wir gehorchen.“ Das sind Neuigkeiten!
Stephen Colbert erfasste genau dieses Pathologie mit nicht zu übertreffender Präzision in seiner White House Correspondents Rede von 2006, als er amerikanische Journalisten verspottete, die sowas praktizieren:
Aber, hören Sie, werfen wir einen Blick auf die Regeln. So läuft das doch: Der Präsident entscheidet. Er ist der Entscheider. Der Pressesprecher verkündet diese Entscheidungen, und ihr Leute von der Presse bringt das zu Papier. Machen, Verkünden, Veröffentlichen. Gerade noch eine Rechtschreibprüfung, dann ist Feierabend. Schön, mal wieder Zeit für die Familie zu haben! Mal wieder Liebe mit der Frau machen. Schreib diesen Roman, den dir schon lange im Kopf herumspukt. Sie wissen schon, den über den unerschrockenen Reporter in Washington mit dem Mut, sich gegen die Regierung zu stellen. Wissen Sie, Fiktion!
Der Sunday Times-Artikel ist noch schlimmer, denn er schützt diese Offiziellen mit Anonymität. Das Schöne an dieser Taktik ist, dass die Anschuldigungen nicht überprüft werden können. Die offiziellen Anschuldiger verstecken sich hinter den Journalisten. So kann ihnen niemand widersprechen oder für’s Lügen verantwortlich machen, wenn es heraus kommt. Die Beweise können nicht analysiert oder zerlegt werden – weil es sie gar nicht gibt. Sie bringen einfach die Anschuldigung, und weil sie Staatsdiener sind, werden die Mediensklaven es ohne jede Überprüfung veröffentlichen. Und dafür gilt: wie soll man da das Gegenteil beweisen? Es ist, wie wenn ein Gespenst jemanden mit einer Substanz beschmiert, die man nicht abwaschen kann.
Das ist das genaue Gegenteil von Journalismus. Wie blöd muss heute jemand sein, dass er diese anonymen Regierungsanschuldigungen (ohne jeden Beweis) liest und sie als die Wahrheit akzeptiert?
Aber es funktioniert. Andere Nachrichtenagenturen haben die Sunday Times-Behauptungen hirnlos nachgeplappert und ordentlich verbreitet. Ich beobachtete letzte Nacht die Twitter-Kommentare amerikanischer und britischer Journalisten, wie diese darauf reagierten: nichts davon wurde in Frage gestellt. Im Gegenteil: man nahm es sofort für bare Münze und erging sich in düsteren und selbstverliebten Diskussionen über die geopolitischen Auswirkungen, wie das passieren konnte, was das für Snowden bedeutet, usw. Ihre Hirne werden von folgender Gleichung bestimmt:„Anonyme, interessengeleitete Regierungsbehauptungen = Wahrheit“.
Per Definition glauben autoritäre Menschen offizielle Behauptungen – egal wie zweifelhaft oder offen eigennützig diese sind. Sogar wenn sie sich hinter der Anonymität verstecken. So läuft Unterwürfigkeit ab: „Was Regierungsvertreter mir sagen drucke ich ungeprüft. Und ich lasse sie anonym. Damit sie sich nicht rechtfertigen müssen.“ – Journalisten mit einer solch primitiven Berichterstattung tun das entweder aufgrund eines Obrigkeitsdenken, eines übersteigerten Nationalismus, aus Faulheit oder Karrieregeilheit. Aus welchem Grund auch immer, das Resultat bleibt das gleiche: Regierungsbeamte wissen, dass sie die Öffentlichkeit jederzeit propagandistisch aufwiegeln können. Weil unterwürfige Journalisten ihnen Anonymität gewähren und die Behauptungen ungeprüft akzeptiert und verbreitet werden.
An diesem Punkt ist es schwer, den Rückschluss zu vermeiden, dass es die Journalisten genau so wollen. Es ist unmöglich, dass sie es nicht besser wissen. Die exakt gleiche Art von Vorwürfen, die heute in der Sunday Times gemacht – und dann widerlegt – werden, sehen wir jedes Mal, wenn jemand unbequeme Informationen über die Regierung leaked.
In den frühen 70er Jahren haben Offizielle Nixons, wie John Ehrlichman und Henry Kissinger,Behauptungen in den US-Medien gestreut, Daniel Ellsberg hätte die Pentagon Papiere und andere Schlüsseldokumente an die Sowjetunion gegeben; jeder wusste, es war eine Lüge, aber zu der Zeit haben sie amerikanische Journalisten notorisch verbreitet, um Ellsberg zu diskreditieren. Aus diesem Grund hat Ellsberg von Beginn an Snowden und Manning unterstützt, weil die gleiche Taktik verwendet wurde, ihn zu diskreditieren.
Das Gleiche passierte mit Chelsea Manning. Als WikiLeaks begann, die Afghanischen Kriegstagebücher zu veröffentlichen, fingen US-Offizielle an zu kreischen, dass sie alle nun “Blut an den Händen hätten”.
Aber als sich einige Journalisten entschlossen, diese Behauptungen zu hinterfragen, anstatt sie gedankenlos zu verbreiten (sprich: einige machten tatsächlich Journalismus), fanden sie heraus, dass es Lügenmärchen waren.
Unter der Überschrift “US-Offizielle sagen unter vorgehaltener Hand, dass der Schaden begrenzt war”, berichtete Reuters Mark Hosenball, interne Untersuchungen der US-Regierung hätten ergeben, dass der massenhafte Leak der diplomatischen Dokumente nur begrenzten Schaden für die US-Interessen im Ausland angerichtet hätte, während die Obama-Administration öffentlich das Gegenteil behauptete.
Ein AP-Bericht unter der Über- schrift “AP-Untersuchung fand keine Bedrohungen für wikileaks-Quellen” erklärte, dass “eine Associated Press Untersuchung dieser Quellen, Zweifel am Umfang der Gefahr durch die wikileaks-Veröffentlichungen und an den Beschuldigungen der Obama-Administration nährte, die seit über einem Jahr behauptete, die Veröffentlichungen seien lebensgefährlich.”
Monate zuvor schrieb McClatchy’s Nancy Youssef einen Artikel unter der Überschrift “Offizielle könnten die Gefahr durch WikiLeaks übertreiben”, in dem sie feststellte, dass “trotz ähnlicher Warnungen, die den beiden früheren Massenveröffentlichungen von US-Geheimdienstinformationen durch die Webseite [wikileaks] vorausgegangen waren, räumen US-Offizielle ein, dass sie keinen Beweis hätten, dass die Dokumente irgendjemandes Tod verursacht haben.”
Nun haben wir hier genau die gleiche Geschichte: eine anonyme Behauptung, dass Russland und China die streng geheimen Datensätze Snowdens entschlüsselt hätten. Aber wir haben buchstäblich Null Beweise für diese Behauptung. Diese anonymen Regierungsquellen behaupten weiter, dass amerikanische und britische Agenten aufgedeckt wurden und gerettet werden mussten. Aber kein einziger wurde identifiziert. Es gibt Spekulationen darüber, ob Russland und China durch den Besitz der Snowden-Daten etwas daraus erfahren hätten. Aber woher sollten Beamte das wissen? Noch dazu wo andere Regierungsbeamte ständig diese beiden Länder beschuldigen, erfolgreich in empfindliche Regierungsrechner eingedrungen zu sein?
Was für ein Mensch liest diese Art von unbewiesenen anonymen Anschuldigungen eines Regierungsvertreters, mit der Absicht, einen von ihnen gehassten Whistleblower zu diskreditieren, und glaubt das? Die Frage ist umso drängender, seit Vice’s Jason Leopold geheime Dokumente bekam und veröffentlichte, die eine koordinierte Schmutzkampagne in Washington gegen Snowden ans Tageslicht brachten. Unter Berufung auf diese Dokumenten schrieb er: „Eine parteiübergreifende Gruppe Washingtoner Juristen hat Pentagon-Vertreter um Details gebeten, um die Glaubwürdigkeit Edward Snowdens in der Presse und der öffentlichen Meinung ‘zu beschädigen’“.
Der „Journalismus“ dieses Sunday Times-Artikels ist das Schäbigste und Unglaubwürdigste was es gibt. Schlimmer noch: seine Anschuldigungen beruhen auf Lügen, die nach Gegendarstellung geradezu schreien.
Die Anschuldigungen der Regierung kämpfen mit einem großen Problem: Snowden hat unmissverständlich klar gemacht, dass er Hong Kong ohne Datensätze verlassen hat. Er gab sie den mit ihm arbeitenden Journalisten und zerstörte seine eigenen Datensätze, um seine Reise nicht zu gefährden. Wie kam Russland dann an diese Datensätze, wie die Sunday Times behauptet („seine Dokumente waren verschlüsselt, aber nicht zu 100 Prozent“), wenn sie nicht einmal physisch in seinem Besitz waren?
Diese Schmierenkampagne kann nur funktionieren, wenn sie Snowden der Lüge bezichtigen und er nach dem Verlassen Hong Kongs im Besitz der Daten war. Und genau das tun die Sunday Times-Journalisten, sie wollen in einem Absatz beweisen, dass er log, dass Snowden in Moskau im Besitz der Daten war:
Es ist unklar, ob Russland oder China Snowdens Daten klaute. Oder ob er seine geheimen Dokumente freiwillig übergab, um seine Freiheit in Hong Kong und Moskau zu erhalten.
David Miranda, der Boyfriend des Guardian-Journalisten Glenn Greenwald, wurde 2013 am Flughafen Heathrow festgehalten. Er war nach seinem Besuch Snowdens in Moskau im Besitz von 58.000 ‘streng klassifizierten’ Nachrichtendokumenten.
Was an dem Sunday Times-Absatz nicht stimmt? Er ist eine komplette Lüge. David war vor seiner Verhaftung nicht bei Snowden in Moskau. Zum Zeitpunkt der Festnahme war David noch nie in Moskau und hatte sich noch nie mit Snowden getroffen. Die einzige Stadt in der David vor seiner Festnahme war ist Berlin, wo er bei Laura Poitras übernachtete.
Die Sunday Times-“Journalisten“ denken sich irgendwas aus, um ihre Hauptaussage zu unterfüttern: dass Snowden in Moskau im Besitz von den Datensätzen war. Das ist ihr einziger “Fakt” dafür, dass Snowden die Daten aus Hong Kong herausbrachte. Und das ist nachweislich erstunken und erlogen! (und nebenbei: wir haben 2015 und nicht 1971, die süffisante Bemerkung über den „Boyfriend“ hätten Sie sich sparen können!)
Weiter behauptet die Sunday Times, dass „Snowden, ein früherer Beschäftigter bei CIA und NSA, 2013 von westlichen Geheimdiensten 1,7 Millionen geheime Dokumente heruntergeladen hat.“ Sogar die NSA gibt zu, dass das eine Lüge ist. Die NSA hat wiederholt betont, dass sie nicht wisse, wie viele Daten Snowden kopiert hat und sie könnten es auch nicht herausfinden. Die NSA gesteht, dass die Zahl 1,7 Millionen nicht von ihnen stamme – sie geben zu, dass sie es nicht wissen – man kenne nur die Zahl der Dokumente, an denen er während seiner Zeit bei NSA arbeitete. Hier ist NSA-Chef Keith Alexander, wie er genau das 2014 in einem Interview mit dem Australian Financial Review erklärte:
AFR: Kennen Sie die Zahl der Dokumente, die gestohlen wurden?
General Alexander: Nun, ich denke, niemand weiß wirklich, was er mitgenommen hat, weil, so wie er es gemacht hat, können wir das nicht nachhalten. Wir können nur nachvollziehen, was er sich angeschaut hat, was er heruntergeladen haben könnte und das waren mehr als eine Million Dokumente.
Lassen Sie uns das wiederholen: “ich denke, niemand weiß wirklich, was er mitgenommen hat,weil, so wie er es gemacht hat, können wir das nicht nachhalten.” Nichtsdestotrotz hat jemand den Sunday Times Reportern geflüstert, dass Snowden 1,7 Millionen Dokumente heruntergeladen hat, und Lügner und Propagandisten, die sie sind, drucken sie das unhinterfragt als Fakten. So sieht der ganze Artikel aus.
Weiter gibt es die Behauptung, dass der russischen und der chinesischen Regierung die Namen von Geheimagenten bekannt wurden – durch das Entschlüsseln der Snowden-Daten. „Das zwang den MI6, Agenten mit verdeckten Aufgaben aus feindlichen Ländern abzuziehen.“ Ganz offensichtlich eine Sunday Times-Erfindung zur Sensationshascherei. Denn liest man die darin enthaltenen zitierten anonymen Quellen stellt man fest: nicht einmal die anonymen offiziellen Quellen behaupten, dass Russland und China das gesamte Archiv geknackt hätten. Nur die vage Andeutung, Russland und China „hätten Informationen“.
Darüberhinaus: woher sollten unbekannte britische Offizielle wissen, dass China und Russland ausgerechnet durch die Snowden-Files über die Agenten informiert wurde und nicht durch all die anderen Hack- und Spionageaktivitäten, die diese Länder betreiben? Mehr noch: mein Kollege Ryan Gallagher – der mehr als ein Jahr mit dem gesamten Snowden-Archiv arbeitete – hat letzte Nacht erklärt: “Ich habe die Snowden Dokumente untersucht und habe niemals irgendeines entdeckt, das Namen von aktiven MI6-Agenten enthielt.” Er sagt auch: “Ich habe auch nichts in der Größenordnung von 1 Million Dokumenten in den Archiven gefunden und weiß deshalb nicht, woher die Zahl stammen kann.”
Zuguterletzt ist nichts in dem Sunday Times-Artikel annährend neu. Seit zwei Jahren versuchen britische und US-Beamte und ihre Lieblingsjournalisten, Snowden mit denselben Anschuldigungen in den Dreck zu ziehen. Im Juni 2013 bewahrte die New York Times die Anonymität zweier westlicher Geheimdienstexperten, die für führende Geheimdienstorganisationen gearbeitet haben, die sagten, “sie glauben, dass die chinesische Regierung es geschafft habe, die Inhalte der vier Laptops abzusaugen, die Snowden angeblich nach Hong Kong mitgebracht hatte”. Der NYT Public Editor hat das Blatt für das Drucken dieses Mülls gescholten und wie ich in meinem Buch dargelegt habe, hat die damalige Chefredakteurin Jill Abramson der des Guardians, Janine Gibson, erzählt, dass sie das nicht hätten drucken dürfen – sie nannte es “unverantwortlich“. Und das ist nichts, verglichen mit der jämmerlich ignoranten Vorstellung, jemand wie Snowden – oder irgendjemand anderes heutzutage – würde erhebliche Datenmengen auf “vier Laptops” speichern und nicht auf winzigen Datenträgern.
Der republikanische Rechtsaußen im Kongress, Mike Rogers, hat notorisch das Gleiche getan. Einmal behauptete er öffentlich ohne jeden Beweis, “Snowden würde mit Russland zusammenarbeiten” – eine Behauptung, die sogar der frühere CIA Deputy Director Michael Morell zurückweist – und fordert ebenfalls, Snowden sollte wegen Mordes angeklagt werden, für das Verursachen unbekannter Tode. Mein persönliches Lieblingsbeispiel dieses Genres rücksichtsloser und verzweifelter Diskreditierung ist eine Meinungskolumne von Neocon Edward Jay Epstein, die das Wall Street Journal im Mai 2014 veröffentlichte, die diese lächerliche Aufzählung beinhaltete:
Ein früheres Mitglied von Obamas Kabinett ging noch weiter, als es mir unter vorgehaltener Hand im März dieses Jahres erklärte, dass es nur drei mögliche Erklärungen für Snowdens Raubzug gäbe: 1) Es war eine russische Spionageaktion.
2) Es war eine chinesische Spionageaktion
3) Es war eine chinesisch-russische Gemeinschaftsoperation.
2) Es war eine chinesische Spionageaktion
3) Es war eine chinesisch-russische Gemeinschaftsoperation.
Es muss eines davon gewesen sein, hat mir eine anonyme Quelle erzählt! Es muss! Entweder die Russen waren es. Oder China war es. Oder sie waren es zusammen. Das ist Amerikanischer Journalismus.
Die Sunday Times wärmt einfach die beweislosen Anschuldigungen auf. Regierungsvertreter treiben das Spiel seit Jahren, um Snowden und andere Whistleblower zu beschuldigen. Dazu noch eine Prise Sensationsgier und das Ganze mit sichtbaren Lügen überbacken. So arbeitet westlicher Journalismus und das ist keine Überraschung. Was mich überrascht – und ich als grotesk empfinde: wie eine solche Mischung aus Blödheit und Leichtgläubigkeit eine solche Vielzahl an Menschen (und auch Journalisten) verwirren kann. Wie sie immer wieder auf die gleichen Tricks hereinfallen.
„Wenn ein anonymer Regierungsvertreter das gesagt hat, und wenn ein Journalist es wiederholt und die Quelle verheimlicht – dann muss es doch stimmen!“
Nachtrag: Die Sunday Times hat nun still und leise eine der zentralen offenkundigen Lügen gelöscht: dass David Miranda sich angeblich kurz zuvor in Moskau mit Snowden traf, als er in Heathrow mit geheimen Dokumenten verhaftet wurde. Mit “still und leise gelöscht”, meine ich genau das: sie haben es einfach aus der Geschichte entfernt ohne jeden Hinweis oder Erklärung für die Leser. (Es ist natürlich noch in der Print-Ausgabe und benötigt deshalb einen Widerruf). Das zeigt das Niveau dieses „Journalismus“. Viele weitere Fälschungen und andere Methoden dieses schäbigen Journalismus bleiben bisher ungeändert.
Email an den Autor: glenn.greenwald@theintercept.com
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