Protestaktion gegen den Drohnenkrieg an der US-Militärbasis Ramstein. Linke-Bundestagsabgeordnete vor dem Tor »brüsk zurückgewiesen«
Von Michael Merz
High Noon im Anti-Drohnen-Protest: Sahra Wagenknecht, Linke-Fraktionschefin in spe, vor der Air Base Ramstein Foto: Martin Goldhahn/dpa |
Mit der Autorität ihres Bundestagsmandats versuchten am Montag mittag sieben Abgeordnete der Linksfraktion, sich Zutritt zur US-Luftwaffenbasis Ramstein zu verschaffen. Doch der Schlagbaum blieb für sie unten. Die Parlamentarier scheiterten trotz der Ankündigung des Besuchs bereits am Empfangshäuschen. »Wir wurden brüsk zurückgewiesen, obwohl wir auf deutschem Territorium ein Recht darauf haben, die Air Base in Augenschein zu nehmen«, erklärte Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen gegenüber junge Welt.
Der Grund der von den US-amerikanischen Streitkräften nicht gewünschten Visite ist der seit Jahren andauernde Drohnenkrieg, welcher schätzungsweise bereits 6.000 Todesopfer forderte. Die Piloten der unbemannten Bomber sitzen zwar in den USA. Aber die US-Basis in der BRD macht das Morden per Joystick erst möglich. Aufgrund der Erdkrümmung können Satellitensignale aus den USA nicht direkt in den Luftraum über Jemen, Pakistan, Afghanistan oder Somalia gesendet werden.
Eine Relaisstation in Ramstein leitet die Daten aus den USA weiter. Zudem werden in Rheinland-Pfalz Bilder der Drohnen analysiert. Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung deckten die Mitverantwortung an den Bombereinsätzen bereits vor mehr als einem Jahr auf. Der Whistleblower und ehemalige Drohnenpilot Brandon Bryant lieferte Details zum Datennetzwerk: »Deutschland ist essentiell für alle amerikanischen Drohnenoperationen weltweit«, sagte er.
Doch die Bundesregierung übt sich im Abwiegeln und Verheimlichen. Obwohl mehrere parlamentarische Anfragen zur Funktion Ramsteins bei den völkerrechtswidrigen Einsätzen gestellt wurden, wird die »Steuerung« der Drohnen von deutschem Boden aus in den Antworten der Regierung stets vehement bestritten. »Dabei wurde nie danach gefragt, ob von Deutschland aus gesteuert wird, sondern ob Daten über Ramstein fließen«, erklärte der Linke-Bundestagsabgeordnete Niema Movassat.
So versuchte die Bundestagsfraktion, sich vor Ort selbst ein Bild zu machen. Noch-Fraktionschef Gregor Gysi richtete zunächst ein Anschreiben an die Air Base und kündigte den Besuch seiner Kollegen an. Der Brief kam mit dem Vermerk »Empfänger unter der angegebenen Adresse nicht zu ermitteln« zurück. Allerdings sicherte Ralf Brauksiepe (CDU), Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Gysi seine Unterstützung für den Besuch zu.
So versammelten sich am Montag etwa 100 lokale Friedensaktivisten vor dem Westgate der Luftwaffenbasis. Zur Mittagszeit sprach Sahra Wagenknecht. Der geschäftsführende Linkspartei-Vorstand hatte sie und Dietmar Bartsch kurz zuvor als Nachfolger von Gregor Gysi nominiert, der seinen Posten im Oktober abgibt. Ihren ersten Auftritt als Fraktionschefin in spe gab Wagenknecht somit vor der US-Basis und prangerte die Bundesregierung an, welche sich einer Aufklärung der Funktion von Ramstein verwehrt. Neben der völkerrechtlichen Ächtung von Kampfdrohnen forderte die Linksfraktion die Schließung der Relaisstation und der gesamten Air Base.
Die Zurückweisung am Tor wollen die Abgeordneten nicht auf sich sitzen lassen. »Wir werden es nicht bei diesem Besuch belassen und wiederkommen. Diese Mordzentrale muss abgeschaltet werden«, sagte Sevim Dagdelen. Beifall für ihren Protest erhielten die Parlamentarier unter anderem aus den USA. »Wir wünschten, wir hätten solche Politiker«, sagte Elsa Rassbach von der Friedensorganisation Code Pink. Dieses Aktion sei enorm wichtig, um die Morde per Drohnen endlich völkerrechtlich zu ächten.
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