Die geplanten Freihandelsabkommen der EU mit den USA und Kanada erhitzen schon seit Monaten die Gemüter. Heute versammeln sich in Berlin Zehntausende zur bislang größten Protestveranstaltung gegen TTIP und Ceta.
"TTIP und Ceta stoppen" - unter diesem Motto begann am Vormittag vor dem Berliner Hauptbahnhof ein großer Protestmarsch. Aufgerufen dazu hatte ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen sowie Globalisierungskritikern. Auch Grüne und Linke unterstützen den Protest gegen das TTIP-Abkommen zwischen EU und USA sowie den Ceta-Vertrag zwischen der EU und Kanada. Die Veranstalter rechnen mit 50.000 Teilnehmern. Angemeldet sind sogar bis zu 100.000.
Die Demonstranten reisten aus der ganzen Republik mit fünf Sonderzügen sowie mehr als 600 Bussen in die Hauptstadt. "Wir sind hier, weil wir die Zukunft nicht den Märkten überlassen, sondern die Demokratie retten wollen", sagte Auftaktredner Michael Müller, Bundesvorsitzender der Naturfreunde Deutschlands.
Die Protestroute führt durch das Stadtzentrum zur Siegessäule im Berliner Tiergarten, wo am frühen Nachmittag die Abschlusskundgebung stattfinden soll. Dort sollen unter anderem der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann, die SPD-Politikerin Gesine Schwan und Christian Höppner vom Deutschen Kulturrat sprechen. Die Kritiker der Abkommen befürchten unter anderem sinkende Sozial-, Umwelt- und Verbraucherstandards sowie eine Schwächung demokratischer Institutionen.
Gabriel: Keine Absenkung der Standards
Zuspruch für TTIP gibt es aus der Bundesregierung und der Wirtschaft: In einem heute in mehreren Zeitungsanzeigen veröffentlichten offenen Brief warb der SPD-Vorsitzende und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel für das Freihandelsabkommen. Er versprach, dass es keine Absenkung der erreichten Standards geben werde. Es gehe darum, die Regeln der Globalisierung selbst mitzugestalten, heißt es in dem Schreiben. "Scheitern wir, dann werden wir anderen folgen müssen", erklärte Gabriel. Zwar lobte Gabriel den Einsatz von Verbänden und Aktivisten für transparentere Verhandlungen. Nun müsse Europa aber "selbstbewusst und mutig seine Ideen von Freiheit im Handel und Verantwortung für die Menschen voranbringen".
BDI: "Wer nur blockiert, verliert."
Auch Vertreter der Wirtschaft warben um Zustimmung zu den Abkommen: "Wir Europäer müssen die Globalisierung gestalten wollen", sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, in Berlin. "Wer nur blockiert, verliert." Ein faires und umfassendes Abkommen fördere Wachstum und Wohlstand in Europa. "Wir sollten aktiv die Regeln für den Welthandel von morgen mitbestimmen."
Der Präsident der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), Ingo Kramer, warnte ebenfalls vor einem Scheitern des Freihandelsabkommens TTIP. Er appellierte an die Gewerkschaften, "zu Sachlichkeit, Differenziertheit und Weitblick zurückzufinden". Der geforderte Verhandlungsstopp sei "mit Sicherheit der falsche Weg", sagte Kramer den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Ein Scheitern von TTIP wäre nicht nur an unsere amerikanischen Partner, sondern an alle unsere Partner in der Weltwirtschaft ein fatales Signal."
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