Das Leben der Menschen in ärmeren Ländern verbessern - für dieses Ziel vergibt eine Weltbank-Tochter Kredite an Unternehmen, damit sie in Entwicklungsländern investieren. Davon hat ausgerechnet der deutsche Discounter-Riese Lidl profitiert, der seit Jahren Millionen-Gewinne macht.
Mit Hilfe dieser Kredite konnte sich Lidl in Osteuropa ausbreiten. Das sollte auch den Landwirten und Zulieferern dort zu Gute kommen. Aber wie sieht die Wirklichkeit aus? MONITOR-Reporter waren in Rumänien unterwegs - und zeigen die Auswirkungen der großen Lidl-Expansion in Osteuropa.
Für die Eröffnung neuer Filialen in Rumänien hatte Lidl 2011 einen Kredit über knapp 67 Millionen US-Dollar von der Weltbank-Tochter International Finance Corporation (IFC) erhalten. Lidl sollte damit, so die Bedingungen der Kreditvergabe, die „Anzahl lokaler Zulieferer erhöhen“ und „neue Vertriebswege für regionale Lebensmittelproduzenten eröffnen“.
Geiz ist Geil
Aus Sicht von rumänischen Nahrungsmittelverbänden ist das nicht passiert. Im Gegenteil: Lidl habe mit seiner Preispolitik der lokalen Wirtschaft geschadet, so Aurel Tanase vom rumänischen Verband der Obst- und Gemüseproduzenten (OIPA Prodcom). Lidl gehe „aggressiver“ vor als andere Einzelhandelsketten, denn „sie zahlen den Produzenten sehr niedrige Preisen für exzellente Produkte“, so dass die Hersteller damit nicht mehr auf ihre Kosten kämen.
Stefan Padure vom Verband zur Förderung rumänischer Nahrungsmittel APAR fordert, die Einkaufspolitik von Lidl müsse transparenter werden. „Offensichtlich sind sie im Kreditvertrag dazu verpflichtet nachzuweisen, welche Hersteller sie unterstützen. Und so könnte man nachvollziehen, ob sie sich auch daran halten.“
Zahlreiche Landwirte und Lebensmittelproduzenten kritisierten die Geschäftspraktiken internationaler Discounter wie Lidl, die ihnen die Geschäftsgrundlage entziehe. Viele stehen nach Recherchen mittlerweile vor dem finanziellen Ruin.
Lidl erklärte: „Wir sind der Ansicht, dass wir durch unsere internationale Geschäftsaktivität sehr wohl dazu beitragen, lokale Strukturen in unseren Zielländern aufzubauen und weiterzuentwickeln.“
Insgesamt hatten Lidl, Kaufland und der Mutterkonzern beider Ketten, die Schwarz-Gruppe, zwischen 2004 und 2013 von der IFC Entwicklungshilfe-Kredite über rund 393 Millionen US-Dollar erhalten.
Petr Hlobil von der Organisation Bankwatch sieht „keinerlei Rechtfertigung“ dafür, dass Lidl bei seiner Expansion mit Entwicklungshilfe-Geldern unterstützt werde. Hlobil kritisiert die IFC: „Öffentliche Institutionen sollten dem Gemeinwohl dienen. Wenn sie Lidl einen Kredit gewähren, dann sollte es dafür ein öffentliches Interesse geben. Das kann ich in diesem Fall nicht erkennen.“
Die International Finance Corporation (IFC) ist eine weitgehend unbekannte Tochter der Weltbank-Gruppe. Ihre Aufgabe ist es, private Firmen in Entwicklungs- und Schwellenländern zu fördern. Laut den selbst gesteckten Zielen der IFC soll das den Menschen in diesen Ländern ermöglichen, „der Armut zu entkommen und ein besseres Leben zu führen“.
Deutschland ist Gründungsmitglied der IFC und hält gegenwärtig mit einem Kapitalanteil von rund 5 Prozent den drittgrößten Stimmrechtsanteil.
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